Rad- und Para-Cycling-WM Zürich 2024

Die Strassen-WM im Para-Cycling 2024 in Zürich

Die inklusive Rad- und Para-Cycling-WM in Zürich war ein großer Erfolg für die Schweizer Para-Athletinnen. Besonders hervorzuheben sind Flurina Rigling, Celine van Till und Franziska Matile-Dörig - alle mehrfache Medaillengewinnerinnen. Insgesamt holte das Schweizer Team neun Medaillen – vier Gold-, drei Silber- und zwei Bronzemedaillen.

Flurina Rigling überzeugte besonders im Strassenrennen der Kategorie C2, wo sie im strömenden Regen souverän gewann. Mit einem beeindruckenden Vorsprung von über drei Minuten sicherte sie sich den Weltmeistertitel. Seit ihrem WM-Debüt 2021 hat sie in jedem Rennen eine Podestplatzierung erreicht, was ihre konstante Spitzenleistung unterstreicht.

Franziska Matile-Dörig holte in der Kategorie C4 sowohl im Zeitfahren Gold als auch im Straßenrennen trotz eines Sturzes Silber. Auch Celine van Till konnte sich nach dem Gold im Zeitfahren im Straßenrennen Silber sichern, hinter der Dänin Emma Lund.

Inklusiver Wegweiser
Dementsprechend positiv fällt das Fazit aus sportlicher Sicht aus. «Wir sind sehr glücklich über die Resultate, die unsere Athlet:innen über die neun Renntage geliefert haben», sagt Olivia Stoffel, unsere Delegationsleiterin Para-Cycling an der WM in Zürich. Es sei 'eine super Bühne', die sie bekommen hätten, um den Sport einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. «Es waren organisatorisch einige Hürden da, um diese Rennen durchzuführen. Für uns war es extrem schön, daheim eine solche WM erleben zu dürfen.»

Zu den Aussichten, dass auch in Zukunft kombinierte Strassen-Weltmeisterschaften ausgetragen werden, sagt Stoffel: «Wir hoffen natürlich, dass es kein Einzelfall bleibt.» Es brauche Veranstalter, die gewillt sind, diesen Aufwand auf sich zu nehmen. «Solange es keine internationale Bestrebungen gibt, inklusive Weltmeisterschaften vorzuschreiben, sind wir jedoch auf solche Veranstalter angewiesen.»

Im nächsten Jahr werden die WM-Medaillen im Para-Cycling in Belgien vergeben, während Ruanda als erster afrikanischer Ausrichter die Radsport-Elite empfängt.

Die Rad-WM in Zürich wurde durch den tödlichen Unfall der Radsportlerin Muriel Furrer überschattet. Flurina Rigling widmete ihren Sieg der jungen Kollegin und sagte: «Wir sind eine Familie – ich bin für sie gefahren.» Die Tragödie zeigte der Radsportgemeinschaft ihre Stärke und ihren Zusammenhalt, indem sie Muriels Andenken ehrte und gleichzeitig die Leidenschaft für den Sport, die sie alle verbindet, weiterlebte.

Zürich 2024, mit dem Motto «TOGETHER WE RIDE» sind erstmals mit den UCI-Strassenweltmeisterschaften und den Para-Strassenweltmeisterschaften alle Rad-Athlet:innen gemeinsam dabei um diesen einzigartigen Event miteinander zu zelebrieren. So können wir in der Stadt und im Kanton Zürich vom Samstag, 21. September bis am Sonntag, 29. September spannende Rennen verfolgen.
 

 

Celine van Till

Jahrgang: 1991
Wohnort: Grand-Lancy GE
Disziplinen: Strassenrennen
Behinderung: Hirnschäden (Gleichgewichts- und Koordinationsschwierigkeiten; Sehbehinderung)
Social Media: Instagram
Homepage: www.celinevantill.ch
Beruf: Spitzensportlerin und Geschäftsführerin von Lead 2 Progress SA
Hobbies: Die Freunde
Stärken/Schwächen: Meine Entschlossenheit und Schwierigkeiten in Chancen umzuwandeln / meine Hyperaktivität
Motto: Alles ist möglich
Schönster Moment: Meine ersten Paralympischen Spiele in Rio 2016! Der Rest kommt noch...


Flurina Rigling

Jahrgang: 1996
Wohnort: Hedingen ZH
Disziplinen: Zeitfahren, Strassenrennen, Bahn
Behinderung: Fehlen von 4 Finger- und Fusssträngen
Social Media: Instagram LinkedIn
Homepage: www.flurina-rigling.ch
Beruf: Profisportlerin & Masterstudentin Politikwissenschaften ETH
Hobbies: Natur & Bergwelt erkunden, Gärtnern, Kochen
Stärken/Schwächen: Disziplin, Hartnäckigkeit, Organisieren und strukturieren, um alles unter einen Hut zu bringen / manchmal täte mir etwas mehr Lockerheit gut
Motto: Trust the process -The greater the obstacle,the more glory in overcoming it.


Franziska Matile-Dörig

Jahrgang: 1992
Wohnort: Winterthur ZH
Disziplinen: Strassenrennen, Bahn
Behinderung: Fussgelenksversteifung links
Social Media: Instagram
Beruf: Physiotherapeutin, Ernährungs- und ADHS Coach
Hobbies: Gesang, Lesen
Stärken/Schwächen: Willensstärke, diszipliniert / ungeduldig
Motto: Die grösste Grenze im Leben ist die, die du dir selbst setzt
Schönster Moment: Mein erster Weltcup Podestplatz im Paracycling


Timothy Zemp

Jahrgang: 1993
Wohnort: Zürich
Disziplinen: Zeitfahren, Strassenrennen, Bahn
Behinderung: Fibulärer Längsdefekt
Social Media: Instagram
Beruf: Geschäftsführer IT Unternehmen
Hobbies: Velo
Motto: Don't overthink it
 


Roger Bolliger

Jahrgang: 1974
Wohnort: Bottenwil AG
Disziplinen: Zeitfahren, Strassenrennen, Bahn
Behinderung: Oberschenkelamputation rechts
Social Media: Instagram Facebook
Beruf: Käser / Technischer Kaufmann
Hobbies: Sport allgemein, kochen, lesen
Stärken/Schwächen: Allrounder / mein Handicap
Motto: Never give up
Schönster Moment: Gemeinsame Zeit mit meiner Partnerin


Fabio Bernasconi

Jahrgang: 1984
Wohnort: Gross SZ
Disziplinen: Zeitfahren, Strassenrennen, Bahn
Behinderung: Unterschenkelvollparese / Glutealdefekt links
Beruf: Finanzökonom
Hobbies: Mountainbike, Langlauf, Ski Alpin, Kitesurfing
 


Laurent Garnier

Jahrgang: 1968
Wohnort: Grandson VD
Disziplinen: Zeitfahren, Strassenrennen, Bahn
Behinderung: Einseitige Chopart-Amputation (am rechten Fuß)
Social Media: Instagram
 


Fabiano Wey

Jahrgang: 1990
Wohnort: Schenkon LU
Disziplinen: Tricycling
Behinderung: Ataxie-Syndrom
Social Media: Instagram Facebook
Beruf: Sachbearbeiter
Hobbies: Journalismus, Eishockey
Motto: Every player is a leader in his/her own way
Schönster Moment: Weltcuppodest in Elzach 2022


Christoph Zundel

Aktuelles zum Para Cycling

Suva und PluSport pflegt eine Partnerschaft auf Augenhöhe und besteht bereits seit vielen Jahren. Im Fokus stehen Projekte, die das Ziel der Suva, nämlich die berufliche Wiedereingliederung, verkörpern und fördern. z.B. unterstützt Suva seit Beginn im 2013 das inklusive Laufprojekt «never walk alone» und ist damit ein treuer und enorm wichtiger Partner für PluSport. Herzlichen Dank.


Bericht: Stafan Joss, Suva

Sonntagmorgen im Oktober 2002. Der damals 28-jährige Roger Bolliger steht alleine in der Käserei, als eine Milchzentrifuge explodiert. Die Teile der Zentrifuge fliegen mit solcher Wucht durch den Raum, dass sie in der Wand stecken bleiben. Eines trennt Bolligers rechtes Bein ab. Zwei Tage später wacht er im Kantonsspital Aarau aus dem Koma auf. «Zuerst habe ich gehadert, war wütend und traurig», erzählt Bolliger. «Dann habe ich mir ein klares Ziel gesetzt: So schnell wie möglich raus hier und wieder ein 'normales Leben' führen.» 
 

Verliebt ins Zweirad

Seinen Frust liess Bolliger nicht am Klinikpersonal aus, sondern an einem Theraband. In der Rehaklinik Bellikon befestigte er es am Kopfende seines Betts und begann zu trainieren. Doch so einfach war es nicht. Seine Wunde infizierte sich mehrmals, der Stumpf am Oberschenkel wollte nicht seine rechte Form finden, eine weitere Operation stand an. «Beim Genesen wurde ich oft zurückgeworfen», erinnert sich Bolliger. Ihm wird damals bewusst, dass er auf seinen Körper hören muss: «Nicht ich gebe das Tempo vor, sondern er.» 

Trotzdem behielt er sein grosses Ziel immer im Blick. Und er setzte sich kleine, erreichbare Ziele. So trainierte der Bewegungsmensch Bolliger oft auf dem Hometrainer und an den Wochenenden brachte er sich selbst das Velofahren bei. «Jeden Tag ein kleines oder mittleres Ziel zu erreichen, das war für mich sehr motivierend», erinnert sich der ehemalige Käser.
 

«Mein Unfall hat mir etwas gezeigt: Schiebe im Leben nie etwas hinaus, sondern mach das, worauf du Lust hast. Denn dein Leben, wie du es kennst, kann sich von einer auf die andere Sekunde komplett verändern.»


Engagiert im Nationalkader

2004 hat sich als Schlüsseljahr entpuppt: Roger Bolliger begann die Umschulung zum technischen Kaufmann und entdeckte den Radsport. Er meldete sich für die Radsporttage GP Gippingen an, einem bekannten Velorennen, auch für Para-Cycling-Teilnehmende. «Bei diesem Wettkampf fuhr ich direkt aufs Podest», erzählt Bolliger. Kurze Zeit später trat er ins Para-Cycling-Nationalteam ein. In den letzten 20 Jahren fuhr er bei 22 Weltmeisterschaften und 2016 an der Paralympics in Rio mit. Dort holte er sich den 9. Rang – sein bisheriges Highlight. 
 

Achtsam in der Natur

2024 wird Bolliger 50. Er blickt auf eine erfüllte Profisportkarriere zurück und trainiert auch heute noch zweimal pro Tag. Dafür ist er dankbar, wie er mit Stolz sagt: «Wenn ich mit dem Rennvelo durch die Natur fahre, versuche ich, die Umgebung ganz achtsam wahrzunehmen. Dann spüre ich immer wieder: Ich arbeite am schönsten Ort der Welt.» 

Zudem arbeitet Bolliger 30 Prozent im Büro einer Werbetechnikfirma. Und im September 2024 tritt er erneut an der Para-Cycling-Weltmeisterschaft in Zürich an. «Ich stehe beruflich und sportlich voll im Leben. Einfach mit nur einem Bein.» 

Beitrag bei der Suva: Wiedereingliederung: Der Körper gibt das Tempo vor

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