Unihockey - Jeder Spieler zählt

Beim Unihockey Tägerwilen – einem Angebot von PluSport Thurgau – sind alle herzlich willkommen, die gerne einen Mannschaftssport ausüben. Die Gruppe besteht aus rund zehn Sportlern mit unterschiedlichsten Behinderungen und doch harmonieren alle zusammen.

Yannick Cavallin ist ein Hüne und steht wie ein Fels in der Brandung in der hellen Turnhalle in Tägerwilen. Er strahlt Gutmütigkeit und Sicherheit aus. An diesem Samstag lauschen sieben junge Männer den Anweisungen ihres Trainers. Yannick Cavallin hat das Unihockey-Angebot von PluSport Thurgau vor drei Jahren aufgebaut. Heute steht das Thema Verteidigung auf dem Programm. Er zeigt den Sportlern mit verschiedenen Behinderungen wie sie das Tor ihres Goalies vor der gegnerischen Mannschaft schützen. Und dann geht es auch schon richtig los. Das Gezeigte wird gleich geübt. Die Trainingsgruppe setzt sich aus unterschiedlichsten PluSportlern zusammen. Da ist Luca Konrad, 12-jährig, der mit fünf Jahren eine Hirnblutung erlitt und seither mit einer Halbseitenlähmung lebt. Die linke Hand ist vollständig gelähmt und generell ist seine linke Körperhälfte geschwächt. «Ich habe Probleme, mir Socken anzuziehen», sagt Luca. Und mit Schalk in den Augen erzählt er weiter, dass er seinen Freund herausgefordert hat: «Wetten, dass ich mit einem Arm schneller einen Pulli anziehen kann als du?» Ein klares Verdikt sagt er schmunzelnd: «Luca hatte 10 Sekunden – mein Freund 10 Minuten.» Das tönt jetzt natürlich, als gäbe es keine Herausforderungen im Leben von Luca. Seine Mutter Erika Konrad relativiert: «Luca ermüdet schneller und benötigt Pausen nach Konzentrationsphasen.» Er besucht die Regelschule als integrierter Sonderschüler, wie das im Thurgau heisst. Er wird teilweise von einer Klassenassistenz begleitet und hat in Deutsch und Mathematik angepasste Lernziele. Die restlichen Fächer macht er mit der Klasse mit. Bei seinen Klassenkameraden ist er gut integriert. «Luca macht vieles selbständig, vor allem was er gerne macht», sagt seine Mutter mit einem Lächeln. Doch für Aufgaben, die ihn fordern, braucht er Unterstützung und Erinnerung wie z.B. Hausaufgaben machen.

In der Unihockey-Gruppe fällt ein weiterer Sportler auf: Roger Napoletano, 29-jährig, ist einiges kleiner als seine Mitspieler. Er hatte in der Kindheit eine unentdeckte Zöliakie, eine Unverträglichkeit von Gluten, was seine körperliche und geistige Entwicklung beeinträchtigte. Mit sechs Jahren bekam er die Diagnose, doch die Einschränkungen sind irreparabel. Roger wohnt bei seinen Eltern und arbeitet im Murghof in der Packstation, einer Werkstätte für Menschen mit einer Behinderung. Roger ist schon lange bei PluSport. Als Kind turnte er in einer Kindergruppe, später entdeckte er während seiner Anlehre zum Industriepraktiker Unihockey und fand vor zwei Jahren das neue Angebot von PluSport Thurgau.

Roger erzählt: «Hier macht es Spass. Wir lernen auch Theorie und Yannick gibt uns etwas mit auf den Weg.» Yannick Cavallin ergänzt: «Wir haben ein tolles Trainerteam und spannen gut zusammen. Wir gestalten das Training so, dass jeder seinen Fähigkeiten entsprechend profitieren kann. Alle gehen respektvoll miteinander um. Hier sind keine brillanten Einzelspieler gefragt, sondern jeder trägt zum Spiel bei.» Roger fühlt sich wohl in der Gruppe und sagt, dass er früher Schwierigkeiten im Umgang mit Frust hatte. Er regte sich schnell auf, wenn etwas nicht gleich klappte. Der Sport hilft ihm, damit viel besser umzugehen. Mittlerweile haben sich zwei Gruppen gebildet, die gegeneinander einen Match spielen. Luca nimmt mit dem Stock in nur einer Hand geschickt den Ball auf und spielt ihn Richtung Goal, doch die Übungen zur Verteidigung zu Beginn des Trainings zeigen Wirkung – kein Goal, aber «eine gute Aktion», ruft Yannick. «Sport motiviert Luca und tut ihm gut», sagt die Mutter. Das gibt ihm Selbstvertrauen und Sicherheit.» Sie erklärt weiter, dass er nicht bei allen örtlichen Vereinen im Regelsport mithalten könnte. Das zeigte sich auch beim Schwimmen: In der Schule lernte er es in der vorhandenen Zeit nicht, aber beim PluSport-Schwimmen hat es geklappt. Bei PluSport nimmt man sich den unterschiedlichen Voraussetzungen an. Es gibt mehr Leitende und dadurch haben diese mehr Zeit für die einzelnen Sportler. So können alle in geeigneter Form gefördert werden.

Neben dem Training zählt auch die Gemeinschaft sagt der Trainer. «Hin und wieder gehen wir andere Spiele schauen, organisieren Grillparties und ein Racletteplausch gehört auch jedes Jahr dazu. PluSport ist ein bisschen wie eine Familie.»