Präsident Markus Gerber begrüsste die Teilnehmer ganz herzlich im Haus des Sports. Es waren etwas weniger an der Zahl als sonst. Hatte das Thema «Inklusion» abgeschreckt? Denkt man, Inklusion sei nicht das Richtige für Diskussionen in Clubs, denn diese sind ja sowieso «separativ» unterwegs? War die gefragte Rollenklärung zwischen Dachverband und Clubs nicht so wichtig? Das Leitbild ein Papier, das vielerorts in den Schubladen landet? Drei «schwergewichtige» Themen standen also auf dem Programm. Wer am Samstag nicht dabei war, hat aber etwas verpasst. In den neun Workshops ging es da und dort drunter und drüber. Die Gastgeber der für die Konferenz geschaffenen «World Cafés» mussten kaum irgendwo das Gespräch wieder initiieren, so eifrig wurde diskutiert, Standpunkte vertreten, kontroverse Meinungen ausgetauscht.
Impulse zu Beginn
Vorab hielt Jonas Staub, Geschäftsführer von Blindspot ein Impulsreferat zur Inklusion. Generell sähe er drei Phasen, wenn Inklusion stattfindet: Zuerst grosse Euphorie und dann Frustration. Weil doch nicht alles so geht, wie man meinte. Könne man diese Phase der Frustration überwinden, in dem man sich Unterstützung holt, Wissen aneignet und Erfahrung sammelt, folge die dritte Phase, in der die Gesellschaft an dieser Inklusion beteiligt werden müsse. Die jungen Leute seien selbstbewusster und selbstbestimmter. Strukturen werden sich ändern, u.a. durch digitale Medien; man wird sich anpassen müssen. Inklusion schafft keine Spezialisten ab, aber man muss agiler und offener werden.
Zur Rollenklärung innerhalb von PluSport sieht auch Geschäftsführer René Will eine Hinterfragung der Strukturen. Werden einige Clubs sich auflösen? Sich beim Nichtbehindertensport anschliessen? Gar fusionieren, wie es schon erfolgte? Inklusion ist eine gesellschaftliche Entwicklung, die bleibt und sich festigen wird. Politiker beginnen, hinzuhören, Sportverbände und Schulen sind extrem an unserem Know-how interessiert. Wir sind nicht mehr nur die Bittsteller bei Behörden, Organisationen und Verbänden; wir sind Partner. Menschen mit Behinderungen wollen aber selber entscheiden, wo sie Sport treiben wollen. Deshalb wird es vielleicht inklusive und separative Angebote geben. Wir haben fundamentale Fragen zu klären, vor allem, welchen Weg wir gehen wollen.
3 x 3 Workshops
«World Café» nennt sich eine Workshop-Methode, bei der möglichst alle Teilnehmenden zu Wort kommen sollen, alle Meinungen auf den Tisch gebracht, Probleme angesprochen, Ideen aufgegriffen und verschiedene Sichtweisen diskutiert werden sollen. An je drei grossen Tischen wurden also die Themen Inklusion, Rollenverständnis und Leitbild in Angriff genommen, und jede Gruppe nahm jeweils 45 Minuten an jeder Runde teil.
«Ein 15-Jähriger sagt doch niemandem, er gehe mit dem Behindertensportverein schwimmen! Den Begriff müsste man abschaffen.» «Die Olympischen Spiele und die Paralympics müsste man ersetzten durch etwas Neues, Gemeinsames.» «Sie wurde in der Schule nur gehänselt und war immer die Schlechteste. In der Kleinklasse blühte sie auf.» «Die UN-BRK muss durchgesetzt werden.» «Auf Augenhöhe sein, ist wichtig, nicht alle wollen im Regelsport mitmachen.» Bei der Inklusionsdiskussion ging es intensiv um die Sportler, Leistungsfähigkeit vs. Wertigkeit, die Finanzen, die Kommunikation und mögliche Ideen dazu.
Ebenso viele Inputs und Anregungen gab es zum Thema neues Leitbild für PluSport. Die Mehrheit sprach sich für ein einfaches und realistisch umsetzbares Papier aus. Einen hohen Nutzwert in einfacher Sprache soll es werden; etwas, womit man arbeiten kann.
Bei der Betrachtung der Rollenverteilung Clubs und Dachverband kamen wiederum vielfältige Ansichten zur Sprache. «Die Sportler wollen unter sich bleiben, also braucht es die Clubs.» «Es braucht eher den Dachverband mit Know-how und Finanzen.» «Die Bereitschaft muss überall da sein; bei den Sportlern, bei ihren Angehörigen oder Institutionen, bei den Regelsportclubs, bei den Behörden, bei uns.»
Wie geht es weiter?
Die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle sammelten am Ende der Diskussionen unzählige Zettel von den Pinwänden ein und die Gastgeber fassten die Erkenntnisse ganz kurz zusammen.
Es liegt nun an Vorstand und Geschäftsleitung, konkludierte René Will, an kommenden zwei Strategietagen all diese Eindrücke und Meinungen zusammenzuführen, um die neue Strategie 2020-2023 und ein neues Leitbild zu erarbeiten. Letzteres würde wenn möglich im Frühjahr in die Vernehmlassung gehen und an der Delegiertenversammlung zur Abstimmung gelangen, erzwungen werde aber nichts.
Markus Gerber sagte in seinem Schlusswort, Inklusion müsse sorgfältig angegangen werden. Die Sportler und ihre Bedürfnisse stehen im Zentrum. Man muss sie spüren und das auf die Arbeit übertragen; wir sind Unterstützer. Es wird vielleicht separativen, integrativen und inklusiven Sport nebeneinander geben.
Behindertensport wird also nicht unbedingt abgeschafft. Aber vielleicht das Wort.